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Schmelztiegel der Superhelden

"1602: Die neue Welt" von Pak und Tocchini

Alles fing mit Todd McFarlane an. Um einen Urheberrechtsprozess gegen das Image-Urgestein zu finanzieren, schloss Kultautor Neil Gaiman einen Vertrag über zwei Kurzserien mit Marvel ab. Der Verlag ist zwar seinerseits nicht gerade bekannt für seinen vorbildlichen Umgang mit Autorenrechten, aber das Geld stimmte. Die zweite Serie aus diesem Pakt - Jack Kirbys "Eternals" - erscheint zur Zeit in den USA und wurde mit einem fast noch größeren Hype bedacht als das gegenwärtige Marvel-Megaevent "Civil War". Die erste, "1602" (deutsch in Paninis "100% Marvel"-Serie), war 2004 eine der erfolgreichsten US-Serien. Ein solches Erfolgskonzept konnte der Verlag natürlich nicht auf sich beruhen lassen.

In der ursprünglichen Reihe tauchen die Marvel-Helden durch einen Zeitunfall 400 Jahre zu früh, im elisabethanischen England, auf. Die zentralen Marvel-Themen von Verantwortung und Anders-Sein erhielten vor dem Hintergrund der Hexenverfolgung einen frischen Anstrich, und es machte einfach Spaß zu sehen, wie sich die bekannten Figuren in das damalige Gesellschaftsgefüge integrierten (oder eben nicht). Am Ende fanden sich alle in der ersten englischen Siedlung in Amerika, Roanoake, ein.

Hier setzt "Die neue Welt" ein. Amerika als Zuflucht der Unverstandenen und Verfemten ist natürlich zu reizvoll, um den Aspekt nicht auszubauen (und leider auch etwas überzustrapazieren). Zunächst müssen die neuen Hauptfiguren (statt der X-Men aus Teil 1 stehen Spider Man und der Hulk im Vordergrund) aber gegen, äh, Dinosaurier kämpfen. Nicht gerade eins der zentralen Marvel-Themen, und so zieht sich der erste Akt trotz der Action etwas hin, bevor wir zum Kern der Geschichte kommen. Der besteht im Konflikt zwischen Königstreue auf der einen und dem amerikanischen Modell des "Pursuit of Happiness" auf der anderen Seite, den Film-Autor Greg Pak geschickt auf die Ebene der persönlichen Entscheidungen herunterbricht. Alle Helden müssen sich einzeln der Frage stellen, auf welcher Seite sie stehen. In solchen Charaktermomenten liegt die Stärke des Bandes.

Auf dem Weg dahin werden so viele Figuren eingeführt, dass man sich zwischenzeitlich fast im modernen New York wähnt. Das schafft stellenweise Verwirrung, die sich auch in den Zeichnungen niederschlägt. Im direkten Vergleich zu Andy Kuberts gemessenem Strich im ersten Teil, der ein Gefühl für die elisabethanische Zeit vermittelte, fällt die Unangemessenheit von Greg Tocchinis actionlastigem CrossGen-Stil besonders ins Auge. Die Qualität schwankt zwischen hervorragend und diffus, was auch durch die überpräsente Kolorierung nicht gerade gelindert wird. Unterm Strich jedoch, und wenn man's nicht direkt vergleicht, ist "Die neue Welt" unterhaltsam und solide erzählt - kein Meilenstein, aber gute Unterhaltung von zwei unverbrauchten Talenten.

Jäh


Greg Pak / Greg Tocchini

100% Marvel Nr. 23: 1602 - Die neue Welt

Cover: Sergio Toppi

Panini, 132 Seiten, Softcover, farbig, EUR 16,95

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