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Die Sierra lebt"Die Blueberry-Chroniken" von Giraud und CharlierGewagt, gewagt. Eine Werkausgabe des Western-Klassikers "Blueberry" herauszubringen, erfordert für sich nicht viel Mut, solche Ausgaben sind gang und gäbe und eine Blueberry-Ausgabe eh überfällig. Aber eine chronologische Ausgabe zu machen, noch dazu nicht wie üblich nach der Erscheinungsweise geordnet, sondern nach der Biografie des Titelhelden, bringt in diesem Fall die Gefahr kommerzieller Hürden mit sich - Hürden in Form der ersten paar Bände. So dürfte es noch fünf bis sechs Ausgaben dauern, bis wir bei den "eigentlichen" Klassikern wie den Zyklen um Chihuahua Pearl und die Geistermine ankommen. Die früheren Alben haben noch nicht die einmalige Italo-Western-Athmosphäre, die Dreckigkeit und Verkommenheit der späteren Bände. Die Edition konzentriert sich ausschließlich auf die Geschichten, an denen Jean Gireaud beteiligt war. Das ist verständlich, denn erstens erscheinen die neuen Jugendabenteuer noch, und zweitens ist Gireaud nun mal der maßgebende Blueberry-Zeichner. Sein Blueberry ist "der" Blueberry. Was für diese Werkausgabe allerdings bedeutet, dass sie in Bezug auf die Chronologie eine Mogelpackung ist, denn sie gibt eben nicht die ganze Heldenbiografie wieder. Die Kurzgeschichten aus Blueberrys Jugend, die den ersten Band ausmachen, sind Ende der Sechziger Jahre entstanden, also durchaus zur Hoch-Zeit der Serie. Jedoch leidet die Präsentation darunter, dass die Geschichten ursprünglich nicht für das Album-Format entstanden sind, sondern für die Taschenbuchreihe "Super Pocket Pilote". Erst später wurden sie unter dem Titel "Die Jugend von Blueberry" in der Albenreihe geradezu dazwischengeschoben. In dem großen Format wirken die Zeichnungen klobig, der Strich gröber als wir es von Gireaud sonst kennen. Wenn man den Band weiter weg hält, sind die Geschichten um Blueberrys Flucht aus dem Süden und seine frühe Zeit bei der Nordstaatenarmee jedoch sehr lesenswert. Danach dürfte die Serie erstmal weitgehend der Erscheinungsweise der Alben folgen. Band 2 vereinigt unter dem etwas nichtssagenden Titel "Die Sierra bebt" die ersten drei Bände des Indianerkriege-Zyklus, mit denen die Serie begann. Autor Charlier erzählt kenntnisreich und kritisch, wie es zu den Apachenkriegen 1867 kam. Die historischen Zusammenhänge werden dramaturgisch gestrafft, wobei die Unterschiede zur Historie in den einleitenden Texten des Bandes sehr gut herausgearbeitet werden. Es fällt auf, wie modern Charlier bereits hier seine Charaktere anlegt: das in Western damals noch übliche "Wir gegen die" findet hier keinen Raum, Gegner und Verbündete gibt es auf beiden Seiten des Krieges, und niemand ist einfach nur gut oder böse. Etwas angestaubt erscheint nur die Erzählstruktur. Die Geschichten richten sich noch deutlicher als die späteren an ein jugendliches Publikum und sind sehr action-orientiert. Die Präsentation ist auf den ersten Blick ordentlich, die einleitenden Texte über den wilden Westen ergänzen die Comics hervorragend. Leider fallen im Detail ein paar Holprigkeiten auf. So ist die Koloration ungleichmäßig, die Gesichtsfarben ändern sich oft innerhalb einer Szene von Seite zu Seite. Das war bereits in der Albenserie so und ist wohl auf die Originalfarben zurückzuführen. Originaltreue ist zwar schön, aber ob ein wenig Nachbelichtung die Aura des Werks zerstört hätte, ist fraglich. Die neue Übersetzung ist lesenswert, wenn sich auch einige Flüchtigkeitsfehler in die Texte eingeschlichen haben. Auch der Druck könnte besser sein, das Schwarz deckender. Dies soll schließlich eine Sammlerausgabe sein, die Ausgabe, nach der ein Sammler nicht mehr weitersammeln muss. Ein bisschen mehr Mühe wäre da schon angebracht gewesen. Jäh Jean-Michel Charlier (Text) / Jean Giraud (Zeichnungen): Die Blueberry-Chroniken
Band 1: Das Geheimnis des Mike S. Donovan Zeichnungen: Giraud via Ehapa |
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