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Kazuo Koike & Gôseki KojimaLone Wolf & Cub“ ("Kozure Ôkami“)Das 17. Jahrhundert hatte es in sich: In Deutschland tobte der 30jährige Krieg, der im Westfälischen Frieden endete und zur Folge hatte, dass das Deutsche Reich in dutzende autonome Teilstaaten zerfiel und der Kaiser tatsächlich nur noch eine Gallionsfigur ohne Macht war. England hatte die Tudor-Dynastie zur beherrschenden Seemacht geführt, und nach dem Tode Elisabeth I. beginnt die Herrschaft des schottischen Hauses Stuart im späteren britischen Empire. Portugal wird (wieder) unabhängig vom übermächtigen Nachbarn Spanien. Das erste Sklavenschiff aus Afrika erreicht Amerika. Die Familie Romanow übernimmt die Zarenherrschaft im Russischen Reich. Mit dem Tode von Lighdan Khan stirbt der letzte mongolische Großkhan. Die Mandschus übernehmen die Herrschaft in China. In Japan gewinnt nach blutigen Auseinandersetzungen Fürst Ieyasu Tokugawa die Macht (1600) und wird als Shogun (1603) zum absoluten Herrscher und Begründer einer Dynastie, die bis 1868 andauert. Doch keine Regierung kann bekanntlich ohne Helfer existieren. So gibt es auch im alten Japan Neid und Missgunst der Beamten, Adeligen und Günstlinge. Einer der wichtigsten Beamten am Hofe ist IIttô Ogami, verantwortlich dafür, dass in Ungnade gefallene Fürsten auf ehrenvolle Weise rituellen Selbstmord (Seppuku) begehen. Er ist sogar ermächtigt das Malvenwappen des Shogunats zu tragen, was ihn praktisch unangreifbar macht. Eine Position, die entsprechend viele Neider mit sich bringt, und eines Tages fällt Ogami einer bösartigen Intrige des Yagyû-Clans zum Opfer. Seine ganze Familie wird ermordet, und auch er soll Seppuku begehen. Doch statt die ungerechte Strafe auf sich zu nehmen, entschliesst sich Ittô Ogami, als Auftragsmörder sein Leben zu fristen und mit seinem einzig verbliebenen dreijährigen Sohn Daigorô alles zu tun, um die Intrige aufzudecken und sich an den Feinden zu rächen. Und so zieht er mit Kind, Kinderwagen und seiner überlegenen Schwertkunst als „Kozure Ôkami" („Wolf mit dem KInd") durch die japanischen Provinzen. Schon bald eilt ihm der Ruf voraus, niemals zu versagen und obwohl die Yagyûs alles daran setzen, ihn zu töten, geht er unbeirrt seinen blutigen Weg. Leichen pflastern seinen Weg, doch im Gegensatz zu den billigen Italowestern der 60er und 70er Jahre ist „Kozure Ôkami" wirklich cool. Stoisch, ungerührt lässt er sich nicht aufhalten, durch nichts beirren, und Episode für Episode, Schritt für Schrift kommt der einsame Wolf seinem Ziel näher … Erdacht wurde die spannende Geschichte von Kazuke Koike, der Manga-Fans vielleicht auch als Autor von „Crying Freeman" ein Begriff ist. Seine insgesamt eher zurückhaltende Erzählweise lässt den brillanten Zeichner der Serie, dem leider vor fünf Jahren verstorbenen Gôseki Kojima, viel Raum zur Gestaltung der Handlung, die dieser virtuos nutzt. Nahezu jedes kleine Bild sprüht vor Esprit und ist voller Dynamik, einzig die exzellenten (im Original) farbigen Aquarell/Guache-Zeichnungen strahlen dagegen Ruhe aus und bilden in ihrer Schönheit den adäquaten Gegensatz zu den harten schwarz-weißen Kontrasten. Bereits vor knapp 10 Jahren hatte Carlsen am Beginn des deutschen Manga-Booms einige Bände des berühmtesten japanischen Comics herausgebracht und dabei die Seiten aufgeblasen, damit sie ins damalige Albenschema passten. Das tat den Geschichten nicht wirklich gut. Jetzt erscheinen bisher 17 der insgesamt 28 Bände bei Planet Manga im Taschenbuchformat, auch durchweg schwarz-weiss, wobei die einzelnen Seiten deutlich verkleinert sind, dabei laufen die feinen Striche der Zeichnungen oftmals derart zu, dass deren Meisterschaft allenfalls zu erahnen ist. Ärgerlich ist bei der neuen Ausgabe auch die etwas „sperrige" Übersetzung aus den Amerikanischen, statt direkt aus den Japanischen zu übersetzen, und auch das lieblose Computerlettering (auch der Onomatopöien im Bildhintergrund) macht die Lektüre kaum leichter. Doch all dies kann die Freude über das Erscheinen und den Genuss der Lektüre dieses genialen Comic-Meisterwerkes nicht wirklich trüben. Wer immer eine gute Story schätzt, sollte zugreifen, und was die Bilder angeht, so kann auch das Kleinformat die Meisterschaft des Künstlers nicht wirklich verbergen. Bert P.S.: Von „Kozure Ôkami" gibt es einige geniale Spielfilme aus den 70ern, die Tarantino blass aussehen lassen, sowie eine Fernsehserie mit 72 Folgen, die in Japan absoluten Kultcharakter hat und Sonntag abends auf XXP läuft (hin und wieder auch Freitag nachts im DCTP-Nachtclub auf Vox je fünf bis sechs Folgen am Stück). P.P.S.: Der Autor Kazuo Koike hat übrigens vor einiger Zeit eine Fortsetzung angekündigt, mit den Abenteuern des erwachsenen Daigorô. P.P.P.S.: Ein Interview mit Kazuo Koike findet sich bei New Media America, ein anderes -aktuelleres- beim US-Verlag Dark Horse. Lone Wolf & Cub“ ("Kozure Ôkami“)
Text: Kazuo Koike
je ca. 360 Seiten, s/w, bisher 17 Bände Bilder: © Kojima, über Planet Manga Zuletzt aktualisiert am 5. 6. 2006. |
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