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Helden im Zwielicht

"The Portent 1: Das Reich der Geister" von Peter Bergting

Ein Held, von den Göttern gesandt, um die Welt von der Übernahme durch die Geister zu bewahren. Gute und böse Geister, ein Dämon und eine uralte Legende, die sich zu erfüllen scheint - das sind klassische Sagenstoffe, die der Schwede Peter Bergting in seinem ersten "großen" Comic verarbeitet. Wir können also eine solide Heldensaga erwarten, unterlegt mit nordischen und asiatischen Elementen, stimmungsvoll und unheimlich, aber doch eingängig, denn bei aller Düsternis der Farben ist Bergtings Stil durchaus mainstreamtauglich. Und die Geschichte mit dem auserwählten Kämpfer haben wir ja auch schon hundertmal gehört, oder?

Pustekuchen. Nichts an diesem Comic ist klassisch. Das Außergewöhnliche beginnt bereits damit, dass er überhaupt erschienen ist, noch dazu bei einem Verlag wie Image. "Das bin nur ich mit meiner völligen Unwissenheit, wie dieses Geschäft läuft", sagt Bergting heute. Entstanden ist "The Portent" als Feierabendprojekt des professionellen Illustrators, das er einfach mal probeweise an Image schickte. In Interviews scheint immer noch der vom Erfolg überwältigte Comic-Newcomer durch, der freimütig von Vorbildern wie Mézières, Kaluta und Eisner schwärmt und erleichtert ist, dass Mike Mignola, ein weiterer dieser Einflüsse, seinen Comic nicht hasst. Tatsächlich hat Bergting in dem Hellboy-Schöpfer einen prominenten Förderer gefunden. Das hat zum Erfolg sicher ebenso beigetragen wie der für amerikanische Augen exotische Erzähl- und Zeichenstil, dem man die europäischen Einflüsse deutlich ansieht. Neben der, so Bergting, "nordschwedischen" Atmosphäre ist aber vor allem die Sperrigkeit des Stoffes bemerkenswert, die einen noch nach dem Lesen beschäftígt und das mehrmalige Wiederlesen belohnt.

Die Geschichte kommt zunächst als übliche Heldensaga daher. Die Welt von "The Portent" stirbt. Genauer: sie befindet sich am Übergang vom Reich der Lebenden zu dem der Toten. Milo, ein Kämpfer auf der Suche nach Heldentum, gerät in einen uralten Konflikt zwischen Göttern, Dämonen, Geistern und Menschen, den er zu einem guten Ende zu führen soll. Dann geht alles schief, und irgendwie war das sowieso alles nur die halbe Wahrheit. Niemand in diesem Comic ist, wofür wir ihn zunächst halten. Nach und nach entblättert sich eine Geschichte, die ständig ihre eigenen Voraussetzungen zu übersteigen scheint. Darin liegt natürlich der Reiz des Comics, aber zugleich auch seine Schwierigkeit. Bergting ist ein Meister des Diffusen, des Sich Entziehenden. Doch er enthält uns auch das Identifikationspotential seiner Helden zu lange vor. Sie bleiben fremd. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, indem die Figuren auch optisch ständig im Zwielicht bleiben. Die düsteren Farben bieten nur wenig Kontrast, die Charaktere drehen sich oft vom Betrachter weg, und besonders Milo wird gerne als Silhouette gezeigt. Ein "strahlender" Held ist er schon allein dadurch nicht. Auch die Geisterwelt bleibt verschwommen. Ihr Heraufziehen wird fast mehr referiert als dargestellt. Was auch genau der Effekt ist, den Bergting zu beabsichtigen scheint: Dadurch sind wir ständig gefordert, unsere Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen - wie seine Helden.

Die Darstellung einer Welt, aus der das Leben verschwindet, ist eine große Herausforderung, denn es ist ja gerade das Leben, genauer die Handlungen der Lebenden, über die sich eine Geschichte transportiert. Eine Aufgabe, die auch erfahrenere Autoren als Bergting vor ihre Grenzen führt. So wirkt das Sterben der Welt ein wenig hastig, trifft aber umso genauer das Wesen des Verschwindens: Man bemerkt es erst, wenn etwas weg ist. Gelungener kann man an so einer Aufgabe nicht scheitern. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass die Darstellung der Geisterwelt in den geplanten späteren Bänden greifbarer wird. Gewissermaßen lebendiger.

Die deutsche Ausgabe kommt in hervorragender Aufmachung mit einem ausführlichen Interview (das auch auf Comicgate zu sehen ist) und einer Gästegalerie. Lobend zu erwähnen ist auch, dass der Verlag sich diesmal von vornherein eine Farbausgabe geleistet hat, was ja bei Cross Cult nicht immer selbstverständlich ist. In diesem Fall wäre ein Verzicht wirklich unverzeihlich gewesen.

Jäh

 

Peter Bergting

The Portent 1: Das Reich der Geister

Cross Cult, A5, Hardcover, vierfarbig, 132 Seiten, 19,80 EUR
ISBN 10: 3-936480-54-0
ISBN 13: 978-3-936480-54-2

Links:
Offizielle Seite von The Portent
Heft 1 als eBook

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