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PANEL Online, Ausgabe zwei, November 2006

Wenn die Angst die Dummheit regiert

"Die Bogros" von Makyo

Als dieser Comic 1989 zum ersten Mal auf dem Tisch der damals noch ziemlich freakigen PANEL-Redaktion landete, machte er zunächst vor allem deswegen die Runde, weil das Hauptnahrungsmittel der Bogros Pilze sind. Ob dazu auch halluzinogene Pilze gehören, wird nicht ausdrücklich gesagt, wäre allerdings eine bequeme Erklärung für das wesentliche Charakteristikum der Bogros und den Mittelpunkt ihrer Geschichten: Sie leiden unter Psychosen, wie sie auch ein schlechter Trip bringen kann, kurz gesagt: Sie leben in ständiger Angst.

Angst vor allem, Angst vor nichts. Angst vor dem Unbekannten und ein ausgeprägtes Mißtrauen gegenüber dem Bekannten. Die Angst regiert dieses knollennasige kleine Waldvolk, in engem Verbund mit ihrer fast unendlichen Dummheit. Eine unschlagbare Kombination, wie uns die Weltgeschichte ja oft genug bewiesen hat.

Der Franzose Makyo (Grimion Lederhandschuh, Jackie Kottwitz) zeichnete die Bogros seit 1977 für das Magazin Pistil, später für Mercredi und Spirou. Jedoch sollte es bis 1988 dauern, dass er und Texter Toldac die Geschichten im Albenformat herausbrachten. Nach dem dritten Album, "Touchez pas au champignon", beendete Makyo die beliebte, aber kommerziell nicht sehr erfolgreiche Serie. Der dritte Band ist in Deutschland nie erschienen.

Auf den ersten Blick erinnert der Comic ein wenig zu sehr an Peyos Schlümpfe (kleine knollennasige Waldelfen, ja?), aber es sind gerade die Unterschiede, die ihn interessant machen. Statt jedem Bogro eine einzelne Charaktereigenschaft zuzuweisen wie Peyo, oder sie überhaupt einzeln zu charakterisieren, läßt Makyo alle Bogros gleichermaßen und ausschließlich von ihrer Angst beherrscht sein. Sie sind so eher eine Masse als eine Gruppe von Individuen, und als solche leicht zu beherrschen. Dem trägt Makyo auch zeichnerisch Rechnung, indem er die Gnome bevorzugt als zusammengeknäuelten Haufen darstellt, der sich über den Waldboden zu ergießen scheint wie eine breiige, naja, Masse halt.

Der Doktor, der einzige im Dorf, der etwas intelligenter ist, weiß das zu nutzen. Er zieht die Fäden im Hintergrund, aber ob es Angst vor der Verantwortung ist oder ob er einfach nur nicht drauf gekommen ist, er ist nicht der Chef im Dorf. Dieser ist vor 52 Jahren gestorben, und seitdem hat sich niemand als neuer Chef qualifiziert, denn die Voraussetzung dafür wäre, eine Idee zu haben. Und dazu sind die Bogros entweder zu doof oder zu ängstlich, oder beides.

"Die Bogros" richtet sich an die ganz kleinen Leser, und der oft etwas simple Humor mag ein erwachsenes Publikum zunächst befremden. Doch gelingt es Makyo und Toldac, immer wieder hintergründige Parabeln in die Geschichten einfließen zu lassen. So steht in dieser kurzlebigen Reihe nicht nur die Angst (die es natürlich zu überwinden gilt) im Vordergrund, auch Machtversessenheit, Intrigen, Doppelmoral und Rassismus werden thematisiert. Letztlich unterscheidet sich der schräge Entwurf einer Gesellschaft in Angst nicht groß von unserer. Aber weil die Bogros so dämlich wie liebenswert sind, läßt sich gut über sie und ihre Irrwege lachen. Das macht die Welt nicht besser, ist aber immer wieder sehr erholsam.

Jäh



Die Bogros

Bd. 1: Die große Angst
Bd. 2: Die kleinen Ängste
Skript: Makyo / Toldac
Zeichnungen: Makyo
je 48 Seiten, HC, Farbe
Verlag Schreiber & Leser, 1989

Die Bogros im Netz
(Informative Fanseite auf französisch)

Vgl. auch PeKas Rezi in PANEL Nr. 1.

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